1839

1839 schrieb der Sohn des Weiler Drechslermeisters und Musiklehrers Johann Jakob Kaufmann, in sein Hausbuch:

„Ich griff mit sieben Jahren (das ist eben 1839) zum Piccolo. Mein Vater war damals Dirigent einer sogenannten türkischen Musik, welche sich folgendermaßen zusammensetzte: Flöte und Klarinette als Priminstrumente, Fagott als Baß, Horn und Trompete ohne Ventil als Begleitung, große und kleine Trommel, Glockenspiel und Becken ....“

Aus dieser türkischen Musik, die vermutlich vom Vater jenes siebenjährigen, Johann Jakob Kaufmann, gegründet worden war, dürfte in der Folge der Weiler Musikverein hervorgegangen sein.

1848 

Ganz im Zeichen des Übens und der Ausbildungsarbeit stand wohl die Gründerzeit der Musik am Ende der 1830er und Anfang der 1840er Jahre. Gleichwohl konnte die Weiler Blechmusik vielen Anlässen und Festen jener Zeit schon einen klingenden Rahmen geben.

Im Revolutionsjahr 1848, nachdem Struve in Lörrach die „deutsche Republik“ ausgerufen hatte, mussten sich alle wehrfähigen Männer aus den Ortschaften der Umgebung den Struv´schen Freischärlern anschließen, so auch alle Weiler Musiker im Alter von 18 bis 40 Jahren.

So zogen am 22. September 1848 rund 1500 Männer von Lörrach aus durch das Wiesental gegen Staufen. Voraus gingen sieben Mitglieder des Weiler Musikvereins als Marschmusik.

Schon am 24. September wurden die Freischärler in Staufen von den regulären Truppen vernichtend geschlagen.

Die Weiler Musiker versteckten sich im Wirtshaus zum Kranz.

Als sich am anderen Morgen die Regierungstruppen vor dem Gasthaus zum Abmarsch bereitstellten, fiel ein Schuss. Die umliegenden Häuser, so auch das Gasthaus, wurden sofort durchsucht.

Die sieben Weiler Musiker, die sich hinter Rebstecken auf dem Speicher versteckt hielten, wurden entdeckt.

Johann Ludin, Wilhelm Röschard, Fridolin Welterlin, Wilhelm Hütter und Johann Scherer wurden sofort standrechtlich erschossen.

Die anderen zwei Weiler entkamen. Gottlieb Lienin schlüpfte unbemerkt in die in der Nähe liegende Backstube. Ein Bäckerbub legte ihm eine Schürze um und bestäubte ihn mit Mehl. So entging er dem sicheren Tode.

Der Schwanenwirt Mehlin brachte sich schon vorher in Sicherheit. Er schloss sich der Staufener Feuerwehr an, die zu einem Brand ausrückte.

Heute erinnern Gedenksteine auf den Friedhöfen in Staufen und Weil am Rhein an die erschossenen Weiler.


Blechmusik und Tanzbelustigung 

Die wichtigsten Begebenheiten der Jahrzehnte nach den Staufener Ereignissen erscheinen besonders erwähnenswert.

1856

Unter Mitwirkung der Weiler Blechmusik wird die Eisenbahnstation Leopoldshöhe eingeweiht.

1860 

1860 nimmt der Musikverein in Hausen an der großen Feier zum hundertsten Geburtstag des Dichters Johann Peter Hebel teil.
 
Im Jahr darauf konnte unter Mitwirkung der Weiler Musik die endlich verwirklichte Wiesenbrücke zwischen Riehen und Weil eingeweiht werden.
 
Nach diesen festgehaltenen Großereignissen wurde das Musizieren wohl eher im engeren Rahmen von Tanzbelustigungen und Gartenfesten betrieben.


1884 

1884 erscheint hierzu im „Oberländer Boten“ ein bemerkenswerter Artikel:

„Wenn durch fortwährende Kundgebungen in den Städten sowie selbst in kleineren Ortschaften auf dem Gebiet des Vereinslebens Rühmliches geleistet wird, so ist in Weil teilweise ein Zurückgehen zu verzeichnen.
 
Was zwar den Gesang betrifft, so wird derselbe immer auf einer erfreulichen Stufe gehalten, was aber die Tätigkeit der Musik betrifft, so bleibt hier vieles zu wünschen übrig, denn die früher allerorts bekannte und berühmte Weiler Musik, welche durch den verstorbenen Musikdirektor Kaufmann in Flor gebracht wurde, verliert immer mehr ...
... und es mögen daher diese Zeilen dazu dienen, eine Anregung ins Leben zu rufen um einen Musikverein mit Passivmitgliedern zu gründen, respektive der Weiler Musik aufzuhelfen.“

 

1887

Vielleicht auch aufgrund diese Artikels erfolgte dann 1887 erstmals eine satzungsgemäße Gründung des Musikvereins. Die Satzung enthält 12 Paragraphen und wird von 18 Aktiv- und 8 Passivmitgliedern unterschrieben. Dirigent wird Jakob Friedrich Kaufmann.

 

1901

Jedoch erst im Jahr 1901 wird der Verein endgültig neu organisiert und erhält am 1. März 1901 den Namen „Harmoniemusik“.

Mit der „Harmoniemusik“ in das neue Jahrhundert.

 

1903

Im Jahre1903 musste die Mehrzahl der Instrumente durch neue ersetzt werden. Im Mai des Jahres erklang die schimmernde Pracht erstmals bei einem feierlichen Anlass, als das neue Schützenhaus seiner Verwendung übergeben wurde.

 

1907

1907 nehmen dann schon 100 Mitglieder an einem Ausflug nach Staufen teil.

In jenen letzten Friedensjahren vor dem 1. Weltkrieg war die aktive Tätigkeit der Musik sehr rege. Von einer ansehnlichen Zahl guter Konzerte und bewundernswerter Einsatzbereitschaft während jener Zeit kann das Protokollbuch berichten.

 

1908

In diesen Jahren fand auch das erst Promenadenkonzert des Vereins statt. Am 3. Juni 1908 spielte die Kapelle vor der Post im Oberdorf, der jetzigen „Alten Post“, zur großen Freude einer ansehnlichen Zuhörerschaft, die das Geschenk mit großem Beifall aufnahm. Bis heute sind solche Konzerte Brauch geblieben, wenn sie sich jetzt auch abwechselnd auf die verschiedenen Ortsteile des inzwischen Stadt gewordenen Weil verteilen.

Sie sind sogar Gegenstand einer Abmachung zwischen der Stadt und der Stadtmusik geworden.

 

Der 1. Weltkrieg

1914

Unter einem kurzen Eintrag über eine Vorstandsitzung im Juli des Jahres 1914 steht lapidar das Wort K R I E G
 
Ein auch für den Verein schicksalsschweres Wort. Fast alle Musiker wurden eingezogen, der Vereinsbetrieb ruhte. Fünf Mitglieder

Eugen Brändlin,
Johannes Defilippi,
Karl Ludin,
Friedrich Meyer,
Ernst Wohlschlegel

durften die Heimat nicht wiedersehen.

Schwer war auch der Wiederbeginn nach dem Krieg, zumal viele Mitglieder erst geraume zeit nach Kriegsende heimkehren konnten. Es fehlte an vielem, es fehlte vor allem an Musikern. So beschloß die erste Nachkriegsgeneralversammlung am 27. April 1919, durch Inserate musikfreudige Mitglieder zu gewinnen.

Maß ließ indessen auch sonst kein Mittel ungenutzt, den Verein wieder auf seine alte Höhe zu bringen.

Ein Höhepunkt in der Geschichte des Vereins war dann das Musikfest in Weil im Juli 1922. Eine ganze Anzahl von Musikvereinen aus der Landschaft wie auch die örtlichen Gesangvereine wirkten zur Gestaltung des Festes mit.

 

Die Vereinsuniform

Der gute Geist in den Reihen des Vereins machte es möglich, innerhalb einer verhältnismäßig kurzen Zeitspanne wichtige und teilweise für den Verein kostspielige Projekte zu verwirklichen.

1925

1925 konnte endlich die seit langer Zeit ersehnte Uniform angeschafft werden. Nur zwei Jahre später, am 27. März

 

1927

1927, wurde mit der Enthüllung des Gedenksteins, für die in Staufen gefallenen Mitglieder, auf dem Weiler Friedhof ein alter Wunsch verwirklicht. 

Und wieder zwei Jahre später erwarb der Verein – als Folge des Krieges war auch eine Neuinstrumentierung notwendig geworden – einen neuen Instrumentenbestand mit einem Kostenaufwand von über dreitausend Mark.


1928 

Die Gründung einer Knabenkapelle wurde im September 1928 beschlossen. In der kurzen Zeit bis November meldeten sich schon 30 Jugendliche.

Die neue Einrichtung bestand dann allerdings nur bis zum Jahr 1930, aber immerhin konnten in jenen Jahren genügend junge Leute in die Stadtmusik aufgenommen werden.

 

Stadt Weil am Rhein und die „Stadtmusik“

1929

Bei einem großen historischen Augenblick in der Entwicklung der Gemeinde Weil nahm im Jahr 1929 auch die Weiler Musik teil.

Doch lassen wir in diesem Falle das Protokollbuch des Vereines sprechen:

„Am Montag, den 10. Juni, abends 20.15 Uhr, spielte die Kapelle auf Weisung des Bürgermeisteramtes in Uniform vor dem Rathause ein großes Konzert anläßlich der denkwürdigen Bürgerausschusssitzung, worin beschlossen wurde, den Gemeindenamen „Weil am Rhein“, sowie den Titel einer Stadtgemeinde anzunehmen. Eine mehrtausendköpfige Menge lauschte trotz Regen den Klängen der Musik, welche sich an diesem Abend ganz besonders anstrengte als künftige Stadtmusik
und als am 16. November 1929 die Stadterhebungsfeier stattfand, war es wieder die Stadtmusik, die im Auftrag der jungen Stadt den musikalischen Teil bestritt. 

 

1930

Am 8. März 1930 beschloss der Verein in der Tat, von nun an die Bezeichnung „Stadtmusik“ zu führen. Und als im gleichen Jahr die junge Stadt mit der Einweihung des neuen Gebäudes der Bezirkssparkasse wieder einen bedeutsamen Schritt vorwärts getan hatte, war es die Stadtmusik, die der Feier den musikalischen Hintergrund gab.

 

Der 2. Weltkrieg

Dann kam der Nationalsozialismus und es blieb natürlich nicht aus, daß auch die Stadtmusik „gleichgeschaltet“ wurde.

1933

Im September 1933 wird dem hiesigen Bürgermeister Hennes mitgeteilt, dass die Stadtmusik am 19.9.1933 „geschlossen“ zur SA „übergetreten“ sei. Sie heißt nun SA-Sturmkapelle 1/142 und später dann SA-Landwehrkapelle.

Allerdings war das durchaus kein Hindernis für die Musiker, nach alter Tradition des Vereines auch weiterhin dem Gemeinschaftsleben der Gemeinde zu dienen, in Freude und Leid den Mitbürgern wie bisher zur Verfügung zu stehen.

 

1939

Aus dem Vielerlei der Veranstaltungen ragt die Hundertjahrfeier des Vereins im Jahre 1939 hervor, die sich eines beachtenswerten Erfolges erfreuen durfte. Doch war es sozusagen ein Fest am Rande des Abgrundes. Ob man bei den hochschäumenden Wogen freudiger Feststimmung nicht doch ahnte, dass man direkt vor der zweiten, die Welt völlig verändernden großen Kriegskatastrophe stand?

Schon im Monat nach dem Jubelfest findet sich der Eintrag:

„Fast alle Musiker mussten, weil die Mehrzahl gediente Soldaten waren, einrücken.“

Kurz darauf trifft die erste Trauerbotschaft ein. Vereinskamerad Johann Schamberger war eines der 27 Weiler Opfer des Eisenbahnunglücks bei Markdorf. Die Zuginsassen, Evakuierte, hätten zum Weihnachtsfest die Heimat am Rhein wiedersehen sollen. Als Tote fuhren die 27 im Bahnhof von Altweil ein. Sechs weitere Vereinsmitglieder forderte dann der krieg noch.

Erich Baumelt,
Ernst Deutsch,
Wilhelm Eberenz,
Fritz Kaufmann,
Emil Schamberger und
Ludwig Weber.

Nach dem Kriegsende werden von der Besatzungsmacht sämtliche Vereine aufgelöst.

 

1946

Am 8. Juni 1946 trifft sich in der Wohnung von Emil Schöne folgender Gründungsausschuss:
Albert Deiß, Artur Fazis, Max Lais, Hugo Mehlin, Georg Schulz und Christian Schupp.

Die Gründungsversammlung fand am 29. Juli 1946 statt.

 

Der Neubeginn

Die wiedergegründete Stadtmusik spielte wieder, spielte wie eh und je, brachte Freude in der schweren Zeit mit einem Platzkonzert, überraschte den neuen Bürgermeister mit einem Ständchen, gratulierte Jubilaren mit frohen Klängen, bereitete ein großes Konzert vor, gab den Toten das letzte klingende Geleit, war also mit vollem Eifer dabei, dem Namen des Vereines den alten guten Klang wiederzugewinnen.

Ein Jahr nach der Neugründung wurde Kapellmeister Willy Fahrenfeld zum Dirigenten ernannt, dem es bald gelingen sollte, den Klangkörper auf einen guten Stand zu bringen.

1948

Am 5. März 1948 verunglückte der rührige und unermüdliche 1. Vorstand Artur Fazis bei einer Einkaufsfahrt für die Stadtmusik tödlich.

Die Generalversammlung wählte als seinen Nachfolger Max Lais.

Die Orchestergesellschaft, die wegen den Besatzungsgesetzen unter dem gemeinsamen Namen der Stadtmusik musizieren musste, trennte sich nun wieder vom Musikverein um ihre eigene Tradition weiterzuführen.

1950

Eine besondere Verpflichtung der Stadtmusik stellte der Empfang des damaligen südbadischen Ministerpräsidenten Leo Wohleb am 1. März 1950 vor dem Weiler Rathaus dar.

Am 14. Mai des gleichen Jahres beteiligte sich die Stadtmusik erstmals am Hebeltag in Lörrach. Und ebenfalls 1950 wurde die Kapelle beim 1. Verbandsmusikfest in Wyhlen mit einem Diplom ausgezeichnet; Zeugnis dafür, dass sie sich in den wenigen Jahren seit der Wiedergründung schon beachtlich entwickelt hatte. Die Anstrengungen hatten gute Früchte getragen.

 

Dreiländertreffen - Zeichen der Aussöhnung

Ein besonders Anliegen des Vereins war es auch, die durch den Krieg zerrissenen Fäden mit den Freunden jenseits der Grenzen der Dreiländerecke wieder festzuknüpfen.

1953

Im August 1953 beteiligte sich die Stadtmusik am Kantonalen Musikfest in Basel, wo der „stürmische Beifall für die Weiler Musiker“ erneut die freundnachbarlichen Sympathien bekundete.

Im Jahr darauf kam die Abmachung mit den befreundeten Kapellen von Kleinhüningen (Basel) und Hüningen (Elsaß) zu einem jährlich wiederkehrenden „Dreiländertreffen“ zustande. Man darf getrost diese Vereinbarung einen Vorläufer für die Jahre später offiziell
gegründete Städtepartnerschaft zwischen Weil am Rhein und dem französischen Nachbarn Hüningen nennen.

Das Sich kennenlernen von Mensch zu Mensch, die Verständigung und das Sich verstehen-wollen nach den Erschütterungen und dem Misstrauen durch den zweiten Weltkrieg, war in der Grenzecke also sozusagen durch die Musik eingeleitet worden. Und die Stadtmusik Weil am Rhein darf es sich zur hohen Ehre rechnen, dabei „Schrittmacher“ gewesen zu sein.

 

Ruhige und stetige Weiterentwicklung

1960

Man darf im übrigen die Zeit nach der Wiedergründung, die Zeit nach dem zweiten Weltkrieg bis hin zu den frühen 1960er Jahren als eine Ära der ruhigen und stetigen Weiterentwicklung des Vereins bezeichnen.

Großes Engagement, Einsatz für die Gemeinschaft und starken Zusammenhalt unter den Musikern prägen diese Zeit.